Samstag, 18. September 2010

Die Akropolis von Pittsburgh mit ihrer Cathedral of Learning in Oakland



Pittsburgh gehörte zu den schmutzigsten Städten der Welt, als sich in dieser Stadt immer mehr Großindustrie ansiedelte und in den Fabriken Tag und Nacht gearbeitet wurde. Es heißt, daß zu dieser Zeit kein blauer Himmel über Pittsburgh zu sehen war, die Stadt im Smog der Eisenverhüttungsbetriebe, der Eisenwalzwerke, der




Glasindustrie und anderer Industrien verschwand. Wie Höllenfeuer haben die Schmelzöfen gewirkt und die Wohnbedingungen in den Arbeitervierteln waren katastrophal. Downtown Pittsburgh soll damals das schmutzigste Loch der Welt gewesen sein und die gesamte Stadtentwicklung verlief chaotisch.




Gegen Ende des 19.Jahrhunderts traten starke politische Kräfte auf, die das ändern wollten. Man wollte sich selbst an den Haaren aus dem Sumpf herausziehen. Ein neues Kapitel der Stadtentwicklung wurde aufgeschlagen. Es waren verschiedene günstige Umstände eingetreten, die das ermöglichten.




Die Stadt Pittsburgh erhielt im Jahre 1889 ein großes Geschenk. Mary Elizabeth Croghan Schenley, die in Pittsburgh aufgewachsen war und im Alter von 15 Jahren mit einem Captain der britischen Armee durchgebrannt war, hatte von England aus, wo sie seit langem lebte, 400 acres Land verschenkt, das sie von ihrem Großvater geerbt hatte. Es sollte in einen großen Landschaftspark verwandelt werden, damit




Pittsburghs Entwicklung einen neuen Verlauf nimmt. Dem Beispiel folgten Großindustrielle der Stadt, die plötzlich erkannt hatten, daß durch eine gemeinsame Anstrengung aus der schmutzigsten Stadt der Welt etwas Großartiges gemacht werden konnte. Große Landstücke wurden zusammengelegt, um auf ihnen einen ganz neuen Stadtteil zu errichten: Oakland.




Die City Beautiful Bewegung, ausgelöst durch die White City der World Columbian Exposition im Jahre 1893 in Chicago, hatte in Pittsburgh Widerhall gefunden. Ein schönes und neues Pittsburgh sollte in Oakland entstehen. Und es bildete sich mit den monumentalen Gebäuden des 'Beaux Arts Oakland' heraus, wie man die Architekturströmung genannt hat, nach der die Gebäude des neuen Stadtteils von Pittsburgh gestaltet wurden.




Andrew Carnegie und die reichen Mitglieder der Pittsburgher Familien der Scaifes, Mellons und Heinzes zielten darauf ab, eine Akropolis in Pittsburgh zu schaffen, auf der junge Menschen bestens studieren konnten und alle Pittsburgher zusammen ein reiches Kulturleben in attraktiven Kultureinrichtungen haben sollten. Universitätsgebäude,




Kulturhäuser, Museen und Forschungseinrichtungen, mit viel Geld der reichen Stadt und ihrer Mäzene ausgestattet, wurden aufgebaut und eingerichtet. Ab 1908 begann der Aufbau der University of Pittsburgh. Ihr Mittelpunkt wurde später "The Cathedral of Learning" an der Fifth Avenue, die als Wolkenkratzer inmitten eines Parkes steht und mit ihren 55 Geschossen den Stadtteil überragt.




Treibende Kraft zur Schaffung der Cathredal of Learning war John Bowman gewesen, der aus Nebraska nach Pittsburgh gekommen war, als der Architekt Ralph Adams Cram in der Stadt Lincoln gerade das Nebraska State Capitol errichtete. Dieses hohe und eindrucksvolle Art Deco Gebäude, das 400 feet hoch über der Stadt aufragt und den




flachen Landschaftsraum des mittleren Westens dominiert, hatte John Bowman beeinflußt. Er sah es als Vorbild für das zentrale Gebäude der Pittsburgher Universität an. Seine Vision setzte sich durch. Als Architekt wurde Charles Klauder vorgesehen.




Klauder orientierte sich an dem Gebäude des Woolworth Building, das Cass Gilbert auf Manhattam neben dem City Hall Park errichtet hatte. Auch die Kennzeichnung des Woolworth Building als Cathedral of Commerce fand Widerhall in der Kennzeichnung des




Towers in Pittsburgh, der den Namen Cathedral of Learning erhielt. Franklin Toker schrieb dazu:

"Chancellor Bowman unveiled his spectacular progeny in 1925 as a "Tower of Learning", but John McMahon, a Scots-born draftsman in Klauder's studio, muttered instead that is was a "Catdral of Larnin'," and the name stuck." (1)

So kam es also zu dieser Cathedral of Learning in Pittsburgh, die Wahrzeichen des Stadtteils Oakland wurde.




Klauder schuf ein neugotisches Gebäude, das mit seinem sehr hohen Turm das Universitätsgelände beherrscht. Toker erläutert es etwas genauer:

"Klauder's natural aptitude for the extravagant was unleashed even more inside than outside the cathedral, and in the Commons Room he concocted one of the most evocative architectural fantasies of the twentieth century. This immense room, 100




feet wide and 200 feet long, looks and acts like a cavern in a coal mine, calling Pittsburgher's back to their bituminous or anthractic origins. It is technically Gothic in construction, since the stone shafts and rib-vaulting sixty feet above the floor are self-supporting, but the massive central piers are in fact screens for the main structural steel of the tower above." (2)

Wer die Stufen zur Eingangsplattform erklimmt, gelangt in ein Inneres, das an einen gotischen Kirchenraum erinnert, der allerdings nicht sehr hell ist, sondern in der Tat höhlenhaft wirkt. Dieser hohe Saal wurde von den Guastavinos mit




Flachziegelschalen eingewölbt, deren sichtbare Wölbungsflächen mit "Guastavino acoustical tiles" verklebt wurden, um eine günstige Raumakustik zu erzielen. Hier
können sich die Studenten nach ihren Vorlesungen und Seminaren aufhalten, um zu plaudern oder zu lesen. Im 37. Stock gibt es einen weiteren Gemeinschaftsraum, von dem aus eine großartige Aussicht über die Stadt möglich ist.




Ursprünglich sollte das hohe Gebäude in einem quadratischen Innenhof stehen, der so ähnlich wie in Oxford durch umgebende neugotische Gebäude gerahmt sein sollte, jedoch hat man auf diese Gebäude zugunsten einer offenen Parklandschaft verzichtet, was dem Turmbau sicherlich die beste Möglichkeit zur Entfaltung seiner Wirkung gab.

Karl-Ludwig Diehl




Anmerkungen:
(1) + (2) zitiert aus: Franklin Toker: Pittsburgh - An Urban Portrait. Pittsburgh, 1986. S.85

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